[Redebeitrag] Wer hat der gibt! 2

Seit inzwischen über einem Jahr ist unser Leben von der Pandemie bestimmt. Und in vielen Bereichen reagieren die Menschen sehr vernünftig. Hygienekonzepte wurden erarbeitet, wir achten bei Treffen mit Anderen auf Abstände und Masken. Zum Schutz der Risikogruppen, wurde das gesellschaftliche Leben heruntergefahren. Mit einer sehr großen Ausnahme: In den Produktionsstätten von Oetker, den Großraumbüros irgendwelcher Callcenter oder auch in den Schlachthäusern von Clemens Tönnies lief alles fast wie vorher weiter. Überall dort, wo Menschen für den Profit der Unternehmen ausgebeutet werden, musste recht schnell, fast ohne wirksame Schutzmaßnahmen, weiter gearbeitet werden. Fast so, als sei das Virus nur abends nach der Arbeit aktiv oder als würde es am Eingang des Betriebes in den Schlafmodus übertreten.

Dieser Schlingerkurs, zwischen einschneidenden Maßnahmen im privaten Leben auf der einen und einer radikalen Öffnungspolitik der Wirtschaft auf der anderen Seite erleben wir seit dem ersten Lockdown. Inzwischen wird das Ganze von einer immer lauteren Masse an Leuten begleitet, die sich darüber echauffieren, wie „dumm“ und „kompetenzlos“ unsere Politiker_innen doch seien. Doch diese Kritik greift zu kurz.

Schon vor Corona mussten wir nur aufs Mittelmeer, auf den Wohnungsmarkt oder auf die Klimakrise schauen um festzustellen, dass diese Gesellschaft Profit und Wirtschaftswachstum wirklich alles unterordnet. Für dieses Gesellschaftssystem gehen wir schon seit fast 200 Jahren über Leichen. Schuld daran sind nicht irgendwelche bösen Mächte, blöden Politiker_innen oder gar ein göttlicher Wille. Schuld daran ist die kapitalistische Produktionsweise, die unsere Gesellschaft in Besitzende und Lohnabhängige teilt. Die einen besitzen die Unternehmen, die anderen müssen darum betteln ausgebeutet werden zu können um den Profit für die Besitzenden zu erwirtschaften. Die Besitzenden sind es die in Saus und Braus leben, während andere, angefeuert durch die Coronakrise, ihren Job verlieren, auf der Straße landen oder gar ihr Leben für das Wohl der Wirtschaft lassen müssen.

Mit der neu installierten Ausgangssperre wird das Ganze auf die Spitze getrieben: Jetzt soll sich unser Leben wirklich nur noch zwischen Lohnarbeit und unseren eigenen vier Wänden abspielen. Und das obwohl die Ansteckungsgefahr draußen nachweislich nur sehr gering ist. Alles, was das Leben schön und Lebenswert macht, sollen wir zurück stellen, ganz egal wie hoch das Infektionsrisiko tatsächlich ist. Die Lohnabhängigen, also wir alle, sind in dieser Gesellschaft nicht viel mehr als ein Maschinenteil, welches funktionieren soll, austauschbar ist und keine Widerworte geben soll.

Und moralische Appelle an den Türen von Politik und Konzernen werden diese systematische Ungerechtigkeit nicht beseitigen. Sie knallen uns die Tür einfach vor dem Kopf zu. Und wir sind es leid höflich zu klopfen. Es reicht uns aber auch nicht die Tür aufzubrechen. Wir wollen ihr ganzes verdammtes Haus einreißen! Eine weitere Zuspitung der Verhältnisse führt unweigerlich zu massiven gesellschaftlichen Konflikten. Es kommt darauf an, dass diese im Interesse derer, die tagtäglich unter diesen Verhältnissen leiden, gelöst werden! Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist und die Krisen auch autoriär gelöst werden können, zeigt uns der weltweite Rechtsruck der letzten 10 Jahre. Mit immer schärferen Gesetzen wird sich auch hierzulande auf die kommenden Proteste vorbereitet. Eine stärkere Tür wird aber nicht helfen, wenn das Fundament marode ist!

Um die Dystopie, in die sich diese Gesellschaft zusehends verwandelt, zu verhindern, braucht es wirklichen Druck von der Straße. Es braucht starke Organisationen, die sich mit allem was sie haben, gegen dieses System stemmen. Lasst uns heute gemeinsam damit anfangen. Lasst uns gemeinsam für eine solidarische Lösung der herrschenden Krisen sorgen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Solidarität nichts mehr ist, was man einfordern muss, sondern die gesellschaftliche Normalität beschreibt. Lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft kämpfen, die ohne Geld, Staat und Kapital auskommt!

Denn es könnte eigentlich alles anders sein. Nehmen wir das Beispiel Impfstoff. Es ist kein Naturgesetz, dass weltweit Wissenschaftler_innen um die Formel für den Impfstoff konkurrieren, um ihn höchstbietend zu verkaufen. Stattdessen könnten sie zusammenarbeiten und gemeinsam den besten Impfstoff für alle finden. Es ist kein Naturgesetz, dass Patente die Impfstoffproduktion limitieren. Stattdessen könnten die Produktionskapazitäten weltweit voll ausgenützt werden. Es ist kein Naturgesetz, dass die Nationalstaaten darum Schachern wer am schnellsten am meisten Impfstoff bekommt. Stattdessen könnte er gerecht zwischen der gesamten Menschheit geteilt werden. Und es ist eben kein Naturgesetz, dass wir im Kapitalismus leben und dem Profitstreben alles unterordnen. Stattdessen könnten wir wirklich mal am guten Leben für alle Menschen arbeiten!

Wer hat der gibt heißt für uns weit mehr, als einfach nur die Reichen für die Krise zahlen zu lassen. Es heißt für uns das System abzuschaffen, welches auf Ausbeutung beruht. Es heißt: Produktionsmittel denen, die sie nutzen. Eine Ökonomie, die sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet und sich nicht der Maxime des Profits unterwirft. Für uns heißt es: Für den Kommunismus!