[Redebeitrag] Lemgo – Getroffen hat es wenige, gemeint sind wir alle

Während der Demo entstand ein Gruppenbild anlässlich 100 Jahren Antifa

Wir stehen heute hier, weil der Satz „Getroffen hat es wenige, gemeint sind wir alle“ nicht nur eine Phrase ist. Wir stehen als linke Bewegung an der Seite derjeningen die von Repression betroffen sind. Egal ob sie uns einsperren, unsere Wohnungen durchsuchen, uns verprügeln oder uns mit Strafen überziehen. Wir gehen gemeinsam mit den Folgen um, lassen uns nicht einschüchtern und stehen danach noch enger zusammen.

Denn es ist kein Zufall, dass wir immer wieder mit großer Repression konfrontiert sind. Die Repression trifft uns in dieser Form nicht, weil wir als Einzelpersonen Straftaten begangen haben sollen, sondern weil wir Linke sind.
Am 1.Mai konnten wir das sehr gut sehen, als linke Demos in Hamburg verboten und in Frankfurt oder München zusammengeprügelt wurden, während in den gleichen Städten monatelang Antisemitismus auf den Demos der Pandemieleugner:innen ungestört verbreiten werden konnte.

Der Staatsschutz Bielefeld, der hinter dem Verfahren hier in Lemgo steckt, ist auch bei uns in Bielefeld nicht untätig. Auch in Bielefeld gab es in den letzten Jahren vermehrt Repression. Das AJZ Bielefeld wurde wegen eines Bildes verklagt, dass seit Jahrzehnten an seinem Eingang zu sehen ist. Kurd:innen erfahren regelmäßig Repression wegen angeblich verbotener Fahnen. Es gab Hausdurchsuchungen wegen verschiedener Anlässe. Spontandemonstrationen wurden zerschlagen. Nicht zuletzt wurde nach der Gedenkdemo zum Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau, der Lauti im Nachhinein angehalten und die Fahrer drangsaliert. Diese Repression kann uns jedoch nicht brechen, sie zeigt uns vielmehr, dass die Bewegung auf dem richtigen Weg ist.

Doch warum geht der Staat überhaupt so hart gegen Linke vor?

Das hat verschiedene Gründe. Einer ist strukturell: Dieser Staat ist immer Staat des Kapitals. Die Aufgabe von Polizei und anderen staatlichen Institutionen ist es die Eigentumsverhältnisse zu schützen. Linke wollen die Verhältnisse überwinden und stellen damit immer auch eine abstrakte Gefahr für Staat und Kapital dar. Es ist also permanente Aufgabe der Sicherheitsbehörden linke Bewegungen durch Repression kleinzuhalten.

Der zweite Grund ist bei den einzelnen Polizist:innen, Staatsanwält:innen und so weiter zu suchen. Diese Jobs ziehen strukturell autoritäre Charaktere an, die im Beruf ihren Hang zu Nationalismus, Rassismus und Gewalt ausleben können. Linke, die das nicht hinnehmen wollen, bilden für sie ein Feindbild. So kommt es dann zu Gewaltexzessen wie bei G20 oder letztes Wochenende in Frankfurt.
Der Staat ist einerseits auf solche Prügelbanden angewiesen um soziale Bewegungen im Zweifel niederzuschlagen, deshalb unterstützt er die Polizei und legitimiert ihr Handeln mit immer autoritären Gesetzen, wie den Polizeigesetzen oder dem jetzt geplanten neuen Versammlungsgesetz. Andererseits gefährdet all zu offensichtliches autoritäres Handeln auch die Legitimation des Staates. Deutschland stellt sich selbst gerne als Vorzeigedemokratie dar und zeigt mit dem Finger auf Andere, wenn es um Polizeigewalt, Überwachung und Repression geht. Im eigenen Land werden solche Fälle deshalb entweder geleugnet, wie nach G20, wo Olaf Scholz ernsthaft behauptet hat, es hätte keine Polizeigewalt gegeben oder auf Einzelfälle geschoben, die dann mit relativ geringen Strafen abgetan werden.
Genau deshalb sind solche Demos wie heute so wichtig! Sie zeigen, dass Repression auch in Deutschland zum Alltag gehört und es eben nicht nur an Einzelfällen liegt, dass die Behörden den Feind immer noch links sehen und deshalb auch gerne bereit sind mit Rechten zusammenzuarbeiten.

Wir sehen daran auch, dass wir uns auf den Staat im Kampf gegen Rechts nicht verlassen können. Im Zweifel ist er gerne bereit mit den Rechten zu paktieren, wenn es gegen Links geht. Auch darum ist es so wichtig, dass auch in den kleinen Städten wie Lemgo genau hingeschaut wird und weiter kontinuierliche antifaschistische Arbeit geleistet wird. Wir sind euch dafür dankbar und stehen an eurer Seite und Schulter an Schulter gegen den Faschismus!