[Redebeitrag] … auch Scholz und Habeck sind mitgemeint!

Redebeitrag bei der Kundgebung der SFF am 26.1. unter dem Motto „Demo gegen Rechts. Merz ist mitgemeint.“

Hallo!

Ich komme von ALIBI, der antinationalen Linken Bielefeld.

Wir kämpfen nun schon seit einigen Jahren für eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können. Dabei organisieren wir Demonstrationen, klären in Vorträgen auf und verhindern, wenn nötig, auch ganz praktisch Veranstaltungen der Rechten.
Im bundesweiten Bündnis „Nationalismus ist keine Alternative“ sind wir über Bielefeld hinaus Teil antifaschistischer Organisierung.

Es ist schön zu sehen, dass heute so unglaublich viele mit uns auf der Straße stehen und ein Zeichen gegen den Rechtsruck setzen. Denn in den vergangenen Jahren sah das leider oft ganz anders aus; die AfD wirkte auf viele zu bürgerlich oder irrelevant, um wirklich gefährlich zu werden – das seien doch „keine richtigen Nazis“ hieß es damals oft. Und jetzt sitzt diese Partei mit Wahlprognosen von 20% in Talkshows und führt ihren Wahlkampf mit SS-Parolen. Das zeigt: Faschismus muss immer ernst genommen und bekämpft werden.
Und seit letztem Jahr gehen daher auch immer mehr – vor allem junge – Menschen gegen die AfD und die autoritäre Formierung der Gesellschaft auf die Straße. Nur: Geändert haben die einzelnen, punktuellen Proteste bisher wenig.
Die AfD ist erfolgreich wie nie zuvor und die anderen Parteien überbieten sich gerade mit rassistischen Aussagen. Während Regierungsmitglieder die Demonstrierenden gelobt haben, haben sie gleichzeitig autoritäre Gesetze verschärft, immer mehr Menschen abgeschoben und den nationalistischen Diskurs weiter vorangetrieben.

Das kann wirklich Mut nehmen und dazu führen, dass man sich ohnmächtig fühlt; es ist aber wichtig, dass wir uns davon nicht unterkriegen lassen, dass wir weiterkämpfen und uns gemeinsam zusammentun.
Aktuell startet wieder eine Welle an Massenprotesten. Es hat uns unglaublich gefreut, dass die Demo heute unter dem Titel „Merz ist mitgemeint“ läuft. Wir ergänzen: Auch Scholz und Habeck sind mitgemeint!

Das eigentliche Problem sind aber keine einzelnen Politiker*innen. Das Problem ist ein immer noch ungebrochener Glaube an die Alternativlosigkeit von Kapitalismus und Nationalismus.
Faschismus ist eine Reaktion auf die Krisen unserer kapitalistischen Gesellschaft. Er bietet das falsche Versprechen, die andauernden Unsicherheiten, die beispielsweise durch Wohnungsnot, Geldsorgen oder Klimakrise hervorgerufen werden, durch ein autoritäres Programm zu lösen. Das faschistische Versprechen an das konstruierte eigene Volk ist, ihre Lage auf Kosten von angeblich Schuldigen zu verbessern. Dieses Versprechen lässt sich nicht einlösen, da die Krisen und Widersprüche nicht durch das Fehlverhalten Einzelner ausgelöst werden, sondern schon im System von Staat, Nation und Kapital angelegt sind. Dieses System tastet der Faschismus nicht an. Auf die ausbleibende Lösung der Widersprüche, reagiert der Faschismus mit der Benennung immer weiterer Schuldiger, die er mit immer eakalierenderer Gewalt verfolgt.

Wir können Faschismus nur nachhaltig bekämpfen, wenn wir auch seine Ursachen erkennen und bekämpfen. Das bloße Wählen einer anderen Partei wird dabei nicht helfen.

Auch die anderen Parteien (Grüne und SPD) wollen Staat und Kapitalismus nur bestmöglich weiterverwalten und sind nicht in der Lage, über das Bestehende hinauszublicken. Sie geben uns keine Antworten darauf, wie wir die Klimakrise wirklich lösen können; sie denken nicht einmal an die Möglichkeit einer Welt, in der alle Menschen gut und sicher leben können. Aber genau diese Fragen sind es, die wir beantworten müssen, um den rechten Backlash zu verhindern und um endlich ein gutes Leben für alle zu schaffen.

Wir sind realistisch: Die Zeichen stehen nicht gerade auf Revolution und auch wir wissen, dass es einen Unterschied macht, wer in der Regierung sitzt. Auch wir haben Angst vor einer Koalition von CDU und AfD.
Die Ampeljahre haben aber gezeigt: Auch sie treten die Interessen von Arbeiter*innen, Arbeitslosen und Geflüchteten mit Füßen. Sie haben Abschiebungen verschärft, Sozialausgaben gestrichen und Überwachung erhöht. Sie kooperieren ohne Umschweife mit autoritären Regimen wie der Türkei, Saudi Arabien oder Ungarn.

An das ungarische Regime wurde beispielsweise vor einigen Monaten Maja ausgeliefert. Maja ist queere Antifaschist*in und soll sich in Budapest einem Naziaufmarsch entgegengestellt haben. Im autoritären und queerfeindlichen Ungarn erwartet Maja ein Schauprozess. Am Montag haben sich 7 weitere Antifaschist*innen gestellt, die bis dahin untergetaucht waren. Ihnen werden ähnliche Vorwürfe wie Maja gemacht und auch ihnen droht die Auslieferung nach Ungarn. Eine davon, Luca, sitzt nun bei uns in Bielefeld in U-Haft.

Die SPD Innenministerin Faeser, die sich gern als Antifaschistin inszeniert, hält den Repressionsdruck auf die linke Szene weiter hoch, während hunderte Nazis untergetaucht sind.
Die grüne Außerministerin Baerbock, die eine feministische Außenpolitik angekündigt hatte, hat kein Problem damit wenn die queere Maja für ein Vierteljahrhundert unter schrecklichen Bedingungen in Ungarn weggekerkert werden soll. Und das obwohl andere Länder aufgrund der katastrophalen Bedingungen Auslieferungsstopps bewirkt haben. Und mit diesen Grünen und mit dieser SPD sollen wir Schulter an Schulter stehen? Während sie Antifaschist*innen vor den Bus werfen und in der Regierung de facto rechte Politik umsetzen?

Wir stehen gerne Seite an Seite mit allen, die dem Rechtsruck ernsthaft entgegentreten wollen. Dabei kann sich jede und jeder auf ganz eigene Weise einbringen. Gemeinsam bauen wir eine neue antifaschistische Bewegung auf. Die letzten Monate haben gezeigt, was wir alles erreichen können wenn wir dabei zusammenhalten.
Wir bitten euch aber: Vertraut nicht darauf, dass Parteien oder der Staat die Sache für euch in die Hand nehmen. Werdet stattdessen selber aktiv! Verliert nicht den Mut. Schließt euch zusammen oder kommt zu einer der politischen Gruppen in der Stadt. Möglichkeiten für praktischen Antifaschismus gibt es viele!

Werdet in der Gedenkpolitik oder auf der Straße gegen die AfD aktiv. Informiert andere über die Klimakrise oder über rechte Umtriebe. Und zeigt euch solidarisch mit Luca! Schreibt ihr Briefe ins Gefängnis, sprecht über das unfaire Verfahren, kommt zu Kundgebungen am Knast.

Free Luca! Free all antifas!

Tod dem Faschismus!

Für etwas besser als Staat, Nation und Kapital!

Dankeschön!

 

 

 

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