Dass es im Kapitalismus nicht um menschliche Bedürfnisse geht, sondern um Profite, wird beim Thema Patente auf besonders perfide und traurige Art und Weise deutlich. Denn Patente schützen geistiges Eigentum und verhindern, dass gesellschaftlicher Fortschritt allen Menschen zugutekommt. Anstatt die Errungenschaften der medizinischen Forschung allen Menschen zugänglich zu machen und beispielsweise Corona-Impfstoffe und andere medizinische Produkte kostenfrei auf der Welt zu verteilen, werden die oft lebensrettenden Medikamente von den Unternehmen teuer verkauft. Während weltweit Millionen von Menschen immer noch keinen Zugriff auf die Vakzine von BionTech oder Moderna haben, freuen sich die Eigentümer:innen über gigantische Gewinne. Und das während gleichzeitig nach wie vor Menschen an Corona sterben. Allein das zeigt uns die Unmenschlichkeit der kapitalistischen Gesellschaft.
Und als wären die vermeidbaren Toten nicht schon schlimm genug, hat die Pandemie die bestehenden Ungleichheiten weiter verschärft. So ist das Vermögen von Milliardär:innen wie dem Amazon Eigentümer Jeff Bezos um durchschnittlich 50 Prozent gewachsen, während zeitgleich 800 Millionen Menschen weltweit in die extreme Armut abgerutscht sind. Während die Reichen nicht wissen, wo sie ihren Reichtum gewinnbringend investieren können, weiß ein Großteil der Menschen nicht, wie sie die nächste Miete bezahlen können. Denn der Reichtum dieser Welt liegt in den Händen weniger. Ihnen gehören die Wohnungen, in denen wir leben. Ihnen gehören die Fabriken und Büros, in denen wir arbeiten. Und Ihnen gehören eben auch die Medikamente und Impfstoffe. Und das, obwohl wir es sind, die all das Produzieren. Wir fordern: Gesellschaftlicher Reichtum muss allen zugänglich sein. Lasst uns das Privateigentum der Reichen vergesellschaften und die Patente endlich freigeben.
Doch selbst während einer weltweiten und tödlichen Pandemie wehrt sich die Pharmaindustrie und ihre Aktionär:innen mit allen Mitteln gegen die Aufhebung ihres Eigentums. Sie gehen für ihre Profite mit Impfstoffen und Medikamenten über Leichen und führen diverse Argumente an, warum Patente eine vermeintlich gute Sache für alle Menschen seien. Eines der zentralen Argumente möchten wir uns nun kurz anschauen und den Behauptungen der Wirtschaftslobby eine solidarische Perspektive entgegenstellen. So sagen Anhänger:innen des Patentschutzes, eine Patentfreigabe würde Pharma-Unternehmen den Anreiz zur Forschung und Entwicklung nehmen, da sie weniger Profite mit ihren Innovationen machen können.
Das Argument bestätigt zunächst einmal unsere Feststellung, dass es Unternehmen in dieser Gesellschaft um Profite geht und alles andere zweitranging ist. Denn ihr primärer Anreiz ist es nicht menschliches Leid durch Impfstoffe oder Medikamente zu verhindern oder allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, sondern das Maximum an Gewinn zu erwirtschaften. Bei diesem Interesse können sich BionTech, Bayer oder andere Pharma-Unternehmen ganz auf den deutschen Staat verlassen. Denn obwohl dieser durch Steuergelder die Entwicklung des BionTech Impfstoffs finanziert hat, stellt er sich schützend vor die Profite der Industrie. Wie so oft werden Kosten sozialisiert und Gewinne privatisiert.
Dass es die deutsche Bundesregierung ist, die so oft von Werten und Moral spricht und gleichzeitig die von über 100 überwiegend ärmeren Staaten geforderte Freigabe von Impfpatenten blockiert, überrascht uns nicht. Denn wenn es um den Erfolg der deutschen Wirtschaft auf dem Weltmarkt geht, hat Deutschland moralische Werte schon immer über Bord geworfen. Die in diesem Kontext auch von der deutschen Bundesregierung vorgebrachte Argumentation, eine Patentfreigabe würde Pharma-Unternehmen den Anreiz zur Forschung und Entwicklung nehmen, da sie weniger Profite mit ihren Innovationen machen können, bestärkt uns lediglich in unserer Auffassung, dass der Kapitalismus durch eine solidarische Gesellschaft ersetzt werden muss.
Die Behauptung ausschließlich Profit könnte einen Anreiz für Innovation und Fortschritt darstellen, ist ein Ausdruck dafür, wie sehr uns der Kapitalismus schon als Naturgesetz vorkommt. Denn sollte es nicht Anreiz für Forschung und Innovation sein menschliches Leid beenden und allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen zu können? Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Arbeit dem guten Leben für alle Menschen dient, statt dem Hamsterrad der Profiterwirtschaftung. Eine Gesellschaft, in der allein das Bedürfnis zählt statt des Geldes im Portemonnaie. Durch die gesellschaftliche Kontrolle über die Produktionsmittel könnten wir tatsächlich darüber bestimmen, was, wann und wie produziert wird.
Manche mögen die Vorstellung von einer Gesellschaft, die auf Solidarität basiert statt auf Konkurrenz, für ein Hirngespinst halten. Sie sagen: „die Menschen sind ebenso“. Tatsächlich ist das Bewusstsein der Menschen dadurch geprägt, wie die Welt um sie herum funktioniert. In der Marktwirtschaft, in der alle in ständiger Konkurrenz zueinanderstehen, lernen sie schnell, dass es sich lohnt, mit ausgefahrenem Ellenbogen durch das Leben zu gehen. Der alles umfassende Markt unterwirft jedes Denken seiner Logik. In Beziehungen wird „investiert“, jedem Ding, das sich in der
Natur finden lässt, wird ein „Wert“ angedichtet. Das Sein schafft das Bewusstsein. Mit der Überwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems und seiner Logik, wird sich auch das Bewusstsein der Menschen verändern. Das eigentliche Hirngespinst ist es doch zu glauben, es kann so bleiben wie es ist.
Fordern wir das vermeintlich Unmögliche!
Für eine solidarische Gesellschaft!
Eigentum abschaffen!
Patente freigeben!