Am 8.12. wird es erneut Großdemos gegen die neuen Polizeigesetze in Hannover und Düsseldorf geben.
Aus Bielefeld gibt es eine Anreise nach Düsseldorf.
Treffpunkt: 10:15h Hintereingang Hbf Bielefeld.
Anlässlich der neuen Großdemos veröffentlichen wir hier unseren Redebeitrag von der Demo gegen das Polizeigesetz am 30.6.18 in Bielefeld mit über 1000 Teilnehmer*innen:
Gegen das neue Polizeigesetz und für die befreite Gesellschaft!
Am 25.05. trat in Bayern das neue Polizeiaufgabengesetz in Kraft. Trotz enormer Kritik nutzte die CSU ihre Mehrheit und führte das schärfste Polizeigesetz seit 1945 ein.
Ähnliche Polizeigesetze sollen in vielen anderen Bundesländern auf den Weg gebracht werden. Hier in NRW wird das Polizeigesetz durch CDU und FDP befürwortet. In Niedersachsen will der SPD-Innenminister ein ähnliches Gesetz einführen. In Baden-Württemberg wurde bereits im Dezember 2017 das Polizeigesetz verschärft – unter anderem durch die Grünen. Und in Brandenburg will auch die rot-rote Regierung der Polizei deutlich mehr Befugnisse einräumen.
Die neuen Polizeigesetze reihen sich ein in zahlreiche autoritäre Verschärfungen der letzten Jahre, die ebenfalls nicht nur von den rechten, sondern von allen im Bundestag vertretenen Parteien getragen werden. Im Mai 2017 wurde der Widerstandsparagraf 113 und der Paragraf 114 verschärft. Dadurch werden Polizist*innen rechtlich besser behandelt als andere Menschen und angebliche Angriffe auf sie deutlich höher bestraft. In NRW hat CDU-Innenminister Reul als eine seiner ersten Maßnahmen die Kennzeichnungspflicht für die Polizei wieder abgeschafft und angekündigt in NRW auch BFE-Einheiten, also besonders brutale Festname Einheiten, einzuführen. Der NRW Innenminister Reul benennt sein Ziel klar: Die NRW Polizei soll „gewaltfähiger“ werden.
Nicht nur brutaler soll die Polizei werden, die rassistische Praxis des racial Profilings soll nun auch durch das neue Polizeigesetz legitimiert werden. Denn die Ausweitung der „strategischen Fahndung“ ist nichts weiter als ein Ausbau der Schleierfahndung, um gezielte rassistische Polizeikontrollen zu ermöglichen. Das Polizeigesetz wird also nicht nur politisch Aktive, sondern auch Migrant*innen besonders hart treffen.
Das Gesetz ist Teil des aktuellen politischen Zeitgeists. Protest und ziviler Ungehorsam sollen diskreditiert und unmöglich gemacht werden. Die Erhöhung der möglichen Haft zur Feststellung der Personalien von 2 auf 7 Tage wird eben nicht durch Terror, sondern durch die Praxis der Personalienverweigerung bei Umweltprotesten wie „Ende Gelände“ oder dem Hambacher Forst begründet.
Wir sehen alle diese Maßnahmen und Verschärfungen als gemeinsamen Ausdrucks einer autoritären Formierung der Gesellschaft und des Rechtsrucks der letzten Jahre.
Der Rechtsruck ist unter anderem begründet in einer jahrelangen Krise des neoliberalen Kapitalismus. Sparmaßnahmen, abgebaute Sozialleistungen und zunehmende soziale Ungleichheit lassen die scheinbar schöne Fassade des Kapitalismus bröckeln und Widersprüche immer deutlicher hervortreten.
Es manifestiert sich, dass das gute Leben selbst innerhalb Deutschlands, einem der reichsten Länder der Erde, im Kapitalismus eben nicht für alle möglich ist. Menschen werden in beschissene Jobs gedrängt, aus ihren Wohnungen geschmissen und wer den strengen Regeln des Jobcenters nicht haargenau folgt, bekommt selbst noch die minimalsten Leistungen gekürzt.
Statt auf den Kapitalismus und seine strukturellen Probleme zu verweisen, lagert die neoliberale Ideologie diese Probleme jedoch an die Einzelne aus: Wer es nicht schafft, war zu faul, nicht qualifiziert genug oder einfach zu langsam.
Um sich diesem neoliberalen Vorwurf des individuellen Versagens nicht stellen zu müssen, werden diese Probleme durch das Individuum auf andere Gruppen projeziert. Schuld ist dann wahlweise der Ausländer, der Flüchtling oder eine verschwörerische Macht im Hintergrund. Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus finden hier einen guten Nährboden.
Genau dort knüpfen populistische und rechtsextreme Bewegungen an. Sie sehen die Probleme ebenfalls nicht im Kapitalismus und seiner grundsätzlichen Krisenhaftigkeit, sondern in Flucht, Migration und gesellschaftlichen Errungenschaften wie zum Beispiel Frauenrechten begründet.
Ein Grund für diese angeblichen Probleme ist aus ihrer Sicht ein zu schwacher Staat. Deshalb fordern sie harte Antworten von rechts: Polizeistaat, Abschottung, Grenzen.
Die Erfolge von AfD, FPÖ, Trump, UKIP, Front National & co zeigen, dass diese Forderungen leider durchaus auf Gehör stoßen.
In Deutschland versuchen Politik und Medien rechte Parteien einzudämmen, indem sie ihr Geschäft übernehmen: Talkshows werden von Migrationsthemen bestimmt, Gespräche mit Rechtsextremen werden gefordert und die regierenden Parteien setzen autoritäre Sicherheitsmaßnahmen und die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl durch. Das Resultat sehen wir überall: Rassistische, sexistische, nationalistische und antisemitische Aussagen erleben Hochkonjunktur und die Grenzen des öffentlichen Diskurses verschieben sich, während die Grenzen der Staaten dicht gemacht werden. Worte wie Asyltourismus wären vor 10 Jahren außerhalb des Spektrums der NPD fast undenkbar gewesen, gehören heute aber zum Vokabular von Ministerpräsidenten.
Die autoritären Verschärfungen der letzten Jahre sind aber eben nicht nur als Reaktion auf die AfD oder als Abwehrkämpfe einer liberalen Regierung zu verstehen.
Egal wie oft die extreme Rechte es wiederholt: Merkel und die CDU sind keine Linken.
In der Frage, ob es Sicherheitsverschärfungen geben muss, ist die sogenannte „bürgerliche Mitte“ einig mit der Rechten. Die Unstimmigkeiten liegen in den Fragen nach der konkreten Umsetzung.
Die bürgerlichen Parteien handeln also nicht entgegengesetzt zu ihren „eigentlichen Werten“, wenn sie das Recht auf Asyl abschaffen oder neue Polizeigesetze einführen, sondern bleiben ihren grundsätzlichen Überzeugungen treu.
Die Folge dieser zunehmenden Abschottungspolitik ist ein autoritärer Festungskapitalismus:
In Zeiten von Unsicherheit und Krise sind jedoch immer mehr Menschen bereit die Eigentumsverhältnisse praktisch infrage zu stellen. Ein tiefgreifendes politisches Bewusstsein braucht es dafür nicht, es reichen die alltäglichen Zumutungen dieser kapitalistischen Welt.
Die Reaktion auf diese Entwicklungen ist ein autoritärer Festungskapitalismus:
Einige Inseln des relativen Wohlstands sollen durch autoritäre Maßnahmen nach Innen und Außen gegen das Elend der restlichen Weltbevölkerung und gegen Protest im Inneren abgesichert werden.
Konkret bedeutet das nach Außen eine immer stärkere Steuerung von Migration und eine bewusste Selektion nach den Bedürfnissen des jeweiligen Wirtschaftsstandorts. Sichergestellt wird das durch tödliche Grenzen und die Kooperation mit autoritären Regimen zur Absicherung und Durchsetzung dieser.
Gleichzeitig steigen auch im Innern die gesellschaftlichen Ungleichheiten und auch hier braucht es zunehmende Überwachung und Kontrolle. Der Staat gibt der Polizei mehr
Werkzeuge, um diese Verhältnisse zu verteidigen und kritische Stimmen verstummen zu lassen.
Eine Mischung der schlimmsten Aspekte aus MadMax und Orwells 1984 entsteht.
Staat und Polizei sind Institutionen, deren Hauptzweck in der Absicherung kapitalistischer Verhältnisse besteht.
Indem der Staat das Eigentumsrecht schützt, verhindert er für die meisten Menschen den Zugriff auf alle nützlichen Dinge. Die Menschen sind gezwungen ihre Arbeitskraft zu verkaufen um überhaupt überleben zu können.
Die Polizei ist also weder Freundin noch Helferin, sondern schlichtweg jene Instanz, die diese menschenfeindlichen Verhältnisse mit Gewalt verteidigt und durchsetzt. Deshalb wenden wir uns mit unserer Kritik nicht nur gegen das geplante Polizeigesetz, sondern grundsätzlich gegen die Institution der Polizei und den staatlichen Zugriff auf unser Leben!
Auch wenn aktuell viele Maßnahmen, gerade nach G20, mit einer angeblichen linksextremistischen Gefahr begründet wurden, eine wirklich ernsthafte linke Bedrohung für diese Verhältnisse sehen wir leider nicht – wünschenswert wäre es.
Ein Grund für den Erfolg rechter Bewegungen und dem Rechtsruck der letzten Jahre sind auch fehlende Antworten von links auf die andauernde Krise des Kapitalismus und ein fehlender glaubhafter Gegenentwurf zu seiner scheinbaren Alternativlosigkeit.
Wir müssen dem begegnen, indem wir Verschärfungen in der Migrations- und Sicherheitspolitik eine klare Absage erteilen und stattdessen linke Antworten zu den drängenden Fragen unserer Zeit entwickeln.
Bei all dem müssen unsere unverhandelbaren Positionen lauten:
Solidarität statt Festung Europa!
Refugees Welcome statt rechter Mobilmachung!
Alles für alle statt Armut, Konkurrenz und Leistungszwang!
Wir wollen ein selbstbestimmtes Leben statt Überwachung und Polizei! Sie werden niemals unsere Freund*innen noch Helfer*innen sein!
In diesem Sinne:
Gegen das neue Polizeigesetz und für die befreite Gesellschaft!