Unser Redebeitrag auf der Kundgebung „Solidarität statt Abschottung“

Im Kreishaus Herford wollen heute drei Bundestagsmitglieder der AfD über Themen wie Rechtsstaat, Rente und Identität sprechen. Alle drei gehören seit Jahren zum rechten Flügel der AfD und standen beispielsweise Höcke bei, als er für seine Holocaustrelativierende Rede in der Kritik stand.

Mittlerweile kann man sich in der AfD allerdings die Zuordnung zu einem bestimmten Flügel sparen, die gesamte AfD ist eine extrem rechte Partei und vertritt zu einem großen Teil die Ideologie der sogenannten „Neuen Rechten“. Wohin diese Ideologie führt, mussten wir leider am 15.3. in Christchurch beobachten, als bei einem rechtsextremen Terroranschlag 50 Menschen ermordet wurden.

Einen Tag vor diesem schrecklichen Anschlag hatte sich eine weitere Tragödie mit fast ebenso vielen Opfern ereignet, die jedoch weit weniger Aufmerksamkeit in der medialen Öffentlichkeit erlangte. Auf dem Weg von Marokko nach Spanien kenterte ein Flüchtlingsboot und 45 Menschen ertranken im Mittelmeer.

Immer wieder ertrinken Menschen auf der Flucht in einer der meistbefahrenen und bestüberwachtesten Seeregion der Welt. Die EU-Außengrenze ist seit Jahren die tödlichste Grenze der Erde, zehntausende sind an ihr in den letzten Jahren gestorben.

Diese Toten sind keine Opfer eines fürchterlichen Unglücks, für das niemand etwas kann, sondern direkte Konsequenz der Politik der europäischen Regierungen.

Seenotrettung im Mittelmeer wird kriminalisiert und die Retter*innen werden mit einem halben Leben in Haft bedroht.

Mittlerweile sind auch deshalb kaum noch Rettungsschiffe im Mittelmeer unterwegs, stattdessen arbeitet die EU mit Verbrecher*innen wie Erdogan oder lybischen Milizen zusammen, um die Grenzen weiter vorzuverlagern.

Diese Politik der tödlichen Abschottung wird nicht allein von rechtsextremen Parteien wie der Lega Nord aus Italien oder der FPÖ in Österreich vorangetrieben, sondern spiegelt auch die Positionen des bürgerlich-liberalen Lagers wieder.

Angela Merkel wird zwar von rechts immer wieder für die angebliche Grenzöffnung 2015 angefeindet, tatsächlich wurde unter ihrer Regierung jedoch das Abschieberegime immer weiter verschärft und die härteste Anti-Asyl-Gesetzgebung seit Bestehen der Bundesrepublik eingeführt. Diese Politik ist nicht nur in der Konkurrenz durch die AfD begründet, sondern ebenfalls in der Natur der kapitalistisch-nationalistischen Ideologie von CDU & co.

Migrant*innen sind im modernen Neoliberalismus nur erwünscht, wenn sie dem eigenen Standort nutzen. Die traumatisierten Geflüchteten aus dem globalen Süden gehören jedoch oft nicht zu den begehrten gut ausgebildeten Fachkräften. Die Abschreckung wird deshalb immer weiter erhöht und selbst Abschiebungen in Kriegsländer wie Afghanistan gehören längst zum Alltag.

Seit Jahren machen verschiedene Initiativen wie die Seebrücke-Bewegung mit großen Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und anderer Arbeit deutlich, dass es auch relevanten Widerstand gegen dieses Abschottungsregime gibt. Sie werden jedoch in großen Teilen ignoriert oder mit kleinsten Zugeständnissen zum Schweigen gebracht.

Ähnlich ergeht es anderen progressiven Protesten, wie den Fridays for Future Demonstrationen oder dem Widerstand gegen die neuen Polizeigesetze.

Der Druck der Menschen auf der Straße wird weitgehend ignoriert.

In der liberalen Demokratie gibt es stattdessen das Versprechen die Politik durch Teilnahme an Wahlen mitbestimmen zu können.

Das dieses Versprechen nur ein leeres ist, kann daran gesehen werden, dass es Abschiebungen in allen Bundesländern gibt, egal von wem sie regiert werden.

Doch nicht nur in der Asylpolitik gibt es keine relevanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Regierungen.

Die regierenden Parteien unterscheiden sich nur in der Verwaltung des Status Quo und auch unter einer Rot-Rot-Grünen Regierung in Berlin stehen autoritäre Maßnahmen wie Zwangsräumungen und rassistische Polizeikontrollen an der Tagesordnung.

Natürlich wäre eine Regierung mit AfD-Beteiligung, wie sie sich in Sachsen abzeichnet, noch deutlich schlimmer als die aktuellen Regierungen, und angesichts des hässlichen „Merkel muss weg“ schreienden Mobs erscheint es stellenweise sogar attraktiv sich mit dem liberalen, wenigstens formal weltoffenen Bürgertum zu solidarisieren.

Wenn am Buffet der Politik jedoch nur neoliberaler Dreck und nationalistische Scheiße angeboten werden, müssen wir beidem in die Suppe spucken und unsere Positionen als eigene Gerichte anbieten.

Wir müssen eigene Lösungen sowohl gegen die kapitalistische Ausbeutung, als auch gegen den autoritären Rechtsruck anbieten.

Wenn der AfD-Bundestagsabgeordnete Udo Hemmelgarn heute im Kreishaus über Rente spricht, wird er versuchen deutsche Rentner gegen Geflüchtete auszuspielen.

Während die AfD jedoch für alle sozialen Probleme nur rassistische Antworten findet, ist für uns klar, dass die Hungerkatastrophen im globalen Süden und die Altersarmut in deutschen Städten im Kapitalismus eine gemeinsame Ursache haben.

Geflüchtete und Marginalisierte auf der ganzen Erde sind keine Bedrohung für uns, sondern Verbündete in einem Kampf um eine bessere Welt.

Nur gemeinsam können wir an einer echten Alternative zum bestehenden System arbeiten.

Wir müssen der AfD und ihrer menschenverachtenden Politik jeden Raum nehmen und sie als reale und ganz konkrete Bedrohung für viele Menschen ernst nehmen.

Gleichzeitig müssen wir uns jedoch auch entschieden gegen die anderen Parteien wenden, deren Politik täglich Tote fordert.

Nur auf diese Weise können wir gleichzeitig den Toten von Christchurch, den Ertrunkenen im Mittelmeer und den Armen auf der ganzen Welt gerecht werden.