[Redebeitrag] Für eine solidarische Antwort auf die Coronakrise

Keine Frage: Es gibt viele sehr gute Gründe gegen die staatlichen Coronamaßnahmen auf die Straßen zu gehen. Denn die Last dieser Krise liegt mal wieder auf den Schultern derjenigen, die sowieso schon viel zu leisten haben, um ihr Leben zu bestreiten. Die Last liegt auf den Lohnabhängigen, auf Frauen*, auf People of Colour – also auf denjenigen, die in dieser Gesellschaft sowieso schon ausgebeutet werden.

Während das Kapital sich von Beginn der Pandemie an sicher sein konnte, dass seine Renditen gesichert werden, haben hunderttausende Lohnabhängige ihren Job verloren und noch viel mehr müssen um ihre wirtschaftliche Existenz bangen. Während die Superreichen immer reicher werden und es dabei sogar noch wagen über kleine Profiteinbrüche zu jammern, sehen sich Lohnabhängige mit noch schwierigeren Lebensbedingungen konfrontiert als ohnehin schon. Dabei sind es vor allem Frauen*, die neben der Lohnarbeit die zusätzliche Sorgearbeit zu Hause leisten.
Auch wenn das Zuhause als Arbeitsort belastend sein kann, ist Homeoffice eine Luxussituation, denkt man dagegen an die Erntehelfer*innen aus Osteuropa, die auf die Felder und in die Schlachthäuser gekarrt werden, um dort unter unsäglichen Bedingungen für unser aller Billigessen schuften zu müssen – und das unter der ständigen Gefahr eines Coronaausbruchs. Und die vielen Geflüchteten, die in Massenunterkünften untergebracht sind oder in den überfüllten Lagern an den europäischen Außengrenzen vor sich hinvegetieren – ihnen wird durch die unwürdigen Lebensverhältnisse dort jede Möglichkeit zu einem effektiven Infektionsschutz genommen. Corona-Maßahmen werden dort lediglich dazu missbraucht, die ohnehin entrechteten Refugees noch weiter zu kontrollieren, zu drangsalieren und einzusperren.

Doch damit nicht genug: Stand dem Krankenhauspersonal schon vor der Pandemie das Wasser bis zum Hals, ist dort seit Beginn der Pandemie Land unter. Fallpauschale, Personalkürzungen und Krankenhausschließungen gab es schon vor der Pandemie. Auch schon vor der Pandemie wusste man, dass ein profitorientiertes Gesundheitssystem zwar Geld ausspuckt, aber ganz sicher nicht für eine sichere Versorgung, gerade in Krisenzeiten sorgt. Nun sollen sich die Pfleger*innen mit ein wenig Klatschen und einer Sonderzahlung zufriedengeben, während sie sich dafür kaputtackern, dass die Kapitalverwertung weitergehen kann – und das zusätzlich mit dem ständigen Risiko selbst zu erkranken und der ständigen Angst ein Ansteckungsrisiko für ihre Patient*innen zu sein, wenn sie sich nicht komplett selbst isolieren. Und nach der Krise, wann auch immer das sein mag, wird sich wieder keine Sau für die Belange des unterbesetzten, unterbezahlten und vollkommen überarbeiteten Krankenhauspersonals interessieren. So richtig interessieren tut es ja jetzt schon niemanden.

Doch es ist nicht nur die zum Himmel stinkende Ungerechtigkeit und Ungleichheit, die die staatliche Coronapolitik so kritikwürdig macht. Wir stecken schon seit 2 Jahren in dieser Scheiße. Statt auf das Patentrecht zu pfeifen, wie es alle Länder außerhalb Europas tun wollen, will der reiche weiße Mann ja auch jeden letzen Cent Profit aus seiner Impferfindung rausholen. Dass in den Ländern des globalen Südens Impfquoten von unter 20% herrschen, liegt vor allem daran, dass sie einfach an keinen Impfstoff kommen. Diese Länder sind abhängig von Almosen der Länder, deren Reichtum auf ihrer Ausbeutung fußt. Immer abhängig davon, ob man glaubt, dass man in Europa jetzt genug Impfstoff hat. Und Initiativen wie zero Covid weisen schon seit Beginn der Pandemie darauf hin, dass man eine globale Pandemie nicht national lösen kann. Es war von vorneherein klar, dass wenn wir die Pandemie nicht schnell bekämpfen neue Varianten, wie aktuell die Omikronvariante auftreten. Zeichnete sich unter Delta ein Ende der Pandemie fürs Frühjahr 2023 an, deuten erste Studien zu der Variante darauf hin, dass wir praktisch wieder am Anfang stehen.

Statt tatsächlich politisch zu agieren und Corona ernsthaft und weltweit den Kampf anzusagen, sind die staatlichen Entscheider Welle für Welle überrascht und fragen laut, wie es denn soweit kommen konnte. Härtere Maßnahmen werden gefordert, aber nur sanfte Eingriffe, dort wo es der Wirtschaft nicht weh tut, werden vorgenommen. Und am Ende wird die Schuld dann auf das Individuum abgeladen, weil man während dieser ganzen Scheiße ein wenig nach Zerstreuung und sozialen Kontakten sucht, um klarzukommen. Anstatt in einem Bereich für Infektionsschutz zu sorgen, der bisher fast die ganze Zeit ausgeklammert war: Die Arbeitswelt. Und selbstverständlich bräuchte es dort Entschädigung und Ausgleich. Selbstverständlich wäre das teuer. Und selbstverständlich müssen einige, versorgungsnotwendige Bereiche weiter offen bleiben, aber ein solidarischer Lockdown würde uns tatsächlich mal in die Lage versetzen, ernsthaft im Kampf gegen diese Pandemie voranzukommen. Doch stattdessen wird vorbei an wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Tag hineinregiert, koste es was es wolle. Uns wird ganz schlecht dabei, wenn wir daran denken, dass wir mit diesem politischen System durch die Klimakatastrophe kommen sollen. Es wird verwaltet, es wird bedauert und es wird massenhaft gestorben. Doch tatsächlich vernünftig regiert wird hier ganz sicher nicht!

Und was passiert in dieser scheiß Situation? Die Egoschweine von Querdenken bekommen wieder Aufwind. Diese unheilvolle Allianz aus Esos, Nazis und einem radikalisierten Teil der sogenannten bürgerlichen Mitte hat in dieser Situation nichts Besseres zu tun als für eine angebliche Freiheit und gegen eine angebliche Diktatur auf die Straße zu gehen. Antisemitische Verschwörungserzählungen werden mit dem dumpfen Gefühl gemischt, dass man sich ja jetzt genug für Andere zurückgenommen habe. Sie wollen nicht einfach nur keine Maske oder keine Impfung, sie wollen zurück zum sexistischen, rassistischen und ausbeuterischen Normalvollzug, der auch schon vor der Pandemie gang und gäbe war. Diese widerlichen Sozialdarwinisten wollen nichts weiter als zum Normalvollzug zurück, in dem sie weiter auf Kosten anderer, nämlich auf Kosten von Frauen* und People of Color, leben können. Dafür lassen sie auch gerne zehntausende Risikopatient*innen und andere Menschen über die Klinge springen. Und dieser Egoismus ist den Leuten nicht einfach so in den Kopf gefallen, wir bringen uns selbst tagtäglich nichts anderes bei: Ob in der Schule, in der Uni oder auf dem Arbeitsmarkt. Überall setzen sich diejenigen durch, die schlussendlich zunächst sich selbst im Sinn haben. Was die Querdenker sich da zusammensinnieren, ist also eigentlich nur konsequent.

Doch mit schnödem Egoismus, mit dieser selbstbezogenen turboliberalen Vorstellung von Freiheit lässt sich keine Pandemie bekämpfen. Es braucht, was es schon seit 2 Jahren braucht: Solidarität! Das Bedeutet: Impfstoffe und Arzneimittel müssen für alle Menschen zur Verfügung gestellt werden, die Wirtschaft muss in allen nichtlebensnotwendigen Bereichen heruntergefahren werden und gleichzeitig muss die Versorgung der Menschen sichergestellt sein. Kurz: Wir müssen die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Profite von Unternehmen und schon garnicht den Willen von einer lauten Minderheit. Diese solidarische Antwort auf die Krise würde nicht nur den Verschwörungsideolog:innen den Wind aus den Segeln nehmen, sie würde auch endlich das massenhafte Sterben weltweit beenden.

Die letzten Monate haben also erneut gezeigt: Auf den Staat können wir uns nicht verlassen! Weder im Kampf gegen das Corona Virus, noch gegen Verschwörungsideologien!
Kämpft mit uns für eine solidarische Antwort auf die Coronakrise. Gegen die Gesellschaft der Verschwörungsideologien und des Profits und für einen solidarischen Lockdown!