Am 30.01. haben in Bielefeld bis zu 30.000 Menschen gegen Rechts demonstriert. Aufgerufen hatte das Bündnis gegen Rechts, deren maßgeblicher Teil auch Parteien wie die SPD oder die Grünen sind. Wir haben mit einem Hochtransparent und mehreren tausend Flyern deutlich gemacht, dass es für eine rassistische Abschottungspolitik keine AfD in der Regierung braucht. Sie wird auch von den anderen Parteien täglich umgesetzt. Unten findet ihr den Flyertext dazu.
„Wir müssen endlich im großen Stil abschieben!“
Was nach einer Forderung von Björn Höcke und seiner Gefolgschaft aus den Reihen der AFD klingt, ist ein Zitat von „unserem“ Bundeskanzler Olaf Scholz. Und wer noch der Auffassung ist, die Grünen stünden für eine „Willkommenskultur“, der*dem sei gesagt: „dass es Rückführungen geben muss, ist seit Jahren Programmlage der Grünen.“. So sagte es zumindest der Grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck erst kürzlich in den Tagesthemen.
Dass sich die SPD, die Grünen und alle anderen Parteien schockiert über die vom Correctiv-Netzwerk veröffentlichten geheimen Deportationspläne äußern, und zum Protest gegen die drohende rechte Gefahr aufrufen, ist zynisch. Schließlich ist es die Ampel-Regierung selbst, die Geflüchtete schneller und brutaler aus Deutschland abschieben will. Dazu hat sie erst kürzlich Gesetze verschärft. Wir sagen klar: Wer im Bundestag Abschiebungen organisiert, kann sich nicht bei Demos gegen Rechts mit Antirassismus schmücken!
Wir halten es da eher mit der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano, die wenige Jahre vor ihrem Tod sagte: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen!“.
Denn es ist der Staat selbst, der mit Gewalt die Verhältnisse schafft, die Faschismus hervorbringen. Es sind die Staaten und ihre Grenzen, die die Menschen zu Bürger*innen unterschiedlicher Länder machen. Es sind die Staaten, die gegeneinander konkurrieren und im globalen Kampf um Wirtschaftswachstum erfolgreich sein wollen. Und damit der Staat wirtschaftlich erfolgreich ist, sollen nur die kommen und bleiben, die als nützliche Arbeitskräfte der Wirtschaft dienlich sind. Die Abschiebungen der deutschen Bundesregierung folgen genau der Logik Menschen nach ihrer Verwertbarkeit und ihrem Nutzen für Deutschland einzuteilen und im Zweifel abzuschieben.
Wer sich an den aktuellen Demonstrationen zur Verteidigung der Demokratie beteiligt, sollte sich bewusst machen, dass es der demokratische Rechtsstaat ist, der die Einteilung von Menschen in nützlich und unnütz vornimmt und Menschen in Tod und Elend deportiert. Im Gegensatz zur völkischen AFD erfolgt dies allerdings nicht nach der Hautfarbe, sondern „lediglich“ nach der Frage, wer Deutschland nutzt.
Wir sind der Auffassung, dass jeder Mensch selbst entscheiden können sollte, wo er oder sie leben will. Wir sollten uns daher die Einteilung nach Verwertbarkeit nicht zu eigen machen. Dass Hebammen auf der Demo gegen Rechts in Bielefeld Schilder mit der Aufschrift „Schwanger? Pech gehabt, deine Hebamme wurde deportiert“ hochhalten, finden wir verkehrt. Denn was passiert mit denjenigen, die weder Hebamme noch andere Fachkraft sind? Geflüchtete werden so auf ihre Verwertbarkeit reduziert. Das legitimiert in letzter Konsequenz auch die Abschiebung derjenigen, die „unserer“ Nation vermeintlich auf der Tasche liegen.
Wir stellen uns daher nicht bloß gegen die drohende Gefahr einer faschistischen Herrschaft der AfD, sondern geben uns auch nicht mit dem demokratischen Rechtsstaat als geringeres Übel zufrieden! Denn er knüpft nicht nur die globale Bewegungsfreiheit an Verwertbarkeit, sondern setzt auch nach Innen mit Gewalt die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und die freie Marktwirtschaft durch, durch die das tägliche Hauen und Stechen um ein annehmbares Leben erst entsteht. Wir sagen: Wer eine Gesellschaft des Gegeneinanders einrichtet und Menschen durch Staatsgrenzen einteilt, schafft die Verhältnisse, die Nationalismus hervorbringen.
Lasst uns daher gemeinsam streiten für eine Gesellschaft ohne Staat, Nation, Kapital und Nazis – in der alle Menschen ein gutes und friedliches Leben miteinander führen können und wollen!